Zungenbändchen – Wenn das Zungenband zu kurz ist

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Zungenbändchen – Wenn das Zungenband zu kurz ist

Als Hebamme begegne ich immer wieder Fragen rund um das Thema Zungenbändchen. Viele Mütter haben schon einmal davon gehört, sind sich aber unsicher, was genau das bedeutet und ob es wirklich ein Problem sein kann. In diesem Artikel möchte ich dir alle wichtigen Informationen geben, die du brauchst – freundlich, verständlich und praxisnah.

Was ist das Zungenbändchen?

Das Zungenbändchen, medizinisch Frenulum linguae genannt, ist ein kleiner, dünner Hautstreifen, der die Zunge mit dem Mundboden verbindet. Es ist bei allen Menschen vorhanden und hat in der Regel keinen Einfluss auf das Stillen oder die Sprachentwicklung.

Wann spricht man von einem „zu kurzen“ Zungenband?

Von einem „zu kurzen“ Zungenband spricht man, wenn das Bändchen die Beweglichkeit der Zunge so stark einschränkt, dass es zu funktionellen Problemen kommt. Der Fachbegriff hierfür ist Ankyloglossie. Das Zungenbändchen kann zu kurz oder zu straff sein – oder auch beides. Dadurch kann die Zunge nicht weit genug herausgestreckt oder angehoben werden.

Wie erkenne ich ein zu kurzes Zungenband?

Es gibt einige Anzeichen, die auf ein zu kurzes Zungenband hinweisen können. Dazu gehören:

👅 Die Zunge kann nicht über die Unterlippe hinausgestreckt werden
👅 Beim Herausstrecken bildet die Zunge oft eine herzförmige Spitze („Herzzunge“)
👅 Probleme beim Saugen und Schlucken

Gerade in den ersten Lebenstagen und -wochen kann ein zu kurzes Zungenband beim Stillen Schwierigkeiten bereiten. Aber nicht jedes kurze Zungenbändchen ist automatisch ein Problem!

Probleme beim Stillen – für Mutter und Baby

Ein zu kurzes oder zu straffes Zungenbändchen ist eine der häufigsten Ursachen für Stillprobleme. Das Baby kann die Brust nicht richtig erfassen, die Zunge liegt nicht optimal am Gaumen und die Saugtechnik ist dadurch oft ineffektiv. Mögliche Folgen:

👶 Für das Baby:

  • Häufiges Abdocken und Einschlafen an der Brust
  • Unruhiges oder kurzes Stillen
  • Schlechte Gewichtszunahme
  • Luftschlucken und vermehrte Blähungen

🤱 Für die Mutter:

  • Wunde oder schmerzhafte Brustwarzen
  • Milchstau oder sogar Mastitis
  • Frust und Stress, weil das Stillen nicht klappt

Warum ist die Diagnostik manchmal schwierig?

Die Diagnostik eines zu kurzen Zungenbandes ist nicht immer einfach. Besonders herausfordernd ist es, wenn es sich um ein sogenanntes hinteres Zungenband (posteriores Zungenband) handelt. Dieses ist nicht direkt sichtbar, weil es sich weiter hinten am Zungenboden befindet. Es kann die Beweglichkeit der Zunge dennoch stark einschränken.

Nicht jeder Kinderarzt oder jede Hebamme erkennt ein zu kurzes hinteres Zungenband auf den ersten Blick. Daher ist es sinnvoll, sich an Fachleute zu wenden, die Erfahrung mit diesem Thema haben – wie z. B. Stillberater:innen mit IBCLC-Qualifikation oder Ärzt:innen mit spezieller Weiterbildung.

Behandlung: Was tun bei einem zu kurzen Zungenband?

Wenn das Zungenbändchen tatsächlich zu kurz ist und Probleme verursacht, gibt es eine einfache und schnelle Lösung: die Frenotomie. Dabei wird das Zungenbändchen mit einem kleinen Schnitt durchtrennt. Dieser Eingriff dauert meist nur wenige Sekunden und wird in der Regel ohne Narkose oder nur mit lokaler Betäubung durchgeführt.

Wichtig: Eine Frenotomie sollte immer von speziell geschulten Fachleuten durchgeführt werden, z. B. Kinderzahnärzt:innen, HNO-Ärzt:innen oder Kinderärzt:innen mit entsprechender Erfahrung und Fortbildung.

Was muss nach einer Frenotomie beachtet werden?

Nach dem Eingriff ist es wichtig, die Zunge in ihrer Beweglichkeit zu unterstützen. Dafür gibt es spezielle Übungen, die helfen, das neu gewonnene Bewegungsausmaß zu stabilisieren. Diese Übungen sollten am besten unter Anleitung einer erfahrenen Fachperson durchgeführt werden.

Auch das Stillen sollte so bald wie möglich wieder angeboten werden. Viele Mütter berichten, dass sich das Stillen oft schon kurz nach dem Eingriff deutlich verbessert.

Kontroverse Diskussion: Warum wird die Frenotomie so unterschiedlich bewertet?

Die Frenotomie wird in Fachkreisen kontrovers diskutiert. Das liegt daran, dass nicht jedes kurze Zungenbändchen zwingend ein Problem sein muss. Manche Babys kommen gut mit einem kurzen Zungenband zurecht, andere wiederum haben deutliche Schwierigkeiten.

Ein weiterer Grund ist, dass es lange keine einheitlichen Diagnosekriterien gab. Erst in den letzten Jahren wurden international anerkannte Bewertungsskalen entwickelt, um die Zungenfunktion besser einschätzen zu können. Wichtig ist also immer: Eine sorgfältige Diagnose und Abwägung! Wenn Stillprobleme auftreten, sollte das Zungenband immer als mögliche Ursache in Betracht gezogen werden – aber nicht voreilig behandelt werden, wenn es keine funktionellen Probleme gibt.

Fazit: Vertrau deinem Bauchgefühl und hol dir Unterstützung

Falls du dir unsicher bist, ob dein Baby ein zu kurzes Zungenbändchen hat oder ob das Stillen wegen etwas anderem nicht gut klappt: Du bist nicht allein! Such dir am besten Hilfe bei einer erfahrenen Hebamme oder Stillberaterin. Eine gute Anlaufstelle sind auch IBCLC-zertifizierte Fachkräfte, die genau wissen, worauf sie achten müssen.

Das Ziel ist immer: ein entspanntes, schmerzfreies Stillen – für dich und dein Baby. Falls du Fragen hast oder Unterstützung brauchst, kannst du mich gerne kontaktieren oder auf meinem Blog weitere Infos finden. Du schaffst das!